Gewerbeparks, Straßen, Skipisten: Pro Minute werden in Österreich fast 100 Quadratmeter verbaut. Der Flächenfraß zerstört Lebensräume, befeuert das Artensterben und die Klimakrise – und gefährdet die Gesundheit der Menschen. Warum Österreich endlich echten Bodenschutz braucht – und welche 15 Punkte der WWF zur Lösung des Problems vorschlägt.

WWF-Bodenreport zeigt: Fast 100 Quadratmeter pro Minute zubetoniert

Ein neuer Report des WWF zeigt: Wir haben beim Bodenverbrauch längst jedes naturverträgliche Maß überschritten. 13 Hektar pro Tag werden hierzulande verbaut – oder fast 100 Quadratmeter pro Minute! Wertvoller Boden und intakte Natur, die so fast unwiederbringlich zubetoniert werden. Und Österreich schießt damit weit am Nachhaltigkeitsziel vorbei. Nämlich gleich um das Fünffache! Und viel zu spät. Bereits ein Fünftel der bewohnbaren oder landwirtschaftlich nutzbaren Fläche ist verbaut.
Denn eigentlich war das Ziel für 2010 gesetzt. Seither wurde in Österreich 42.000 Hektar am Ziel vorbei gebaut! Für die Zukunft schaut es nicht besser aus. Denn Fachleute der Statistik Austria haben berechnet, dass der Flächenfraß in den letzten 20 Jahren mehr als doppelt so schnell gestiegen ist wie die Bevölkerung. „Langfristig eindeutig negativ“ für Österreichs Fortschritt und Lebensqualität. So das Fazit der Fachleute.

Feldhamster & Einkaufszentrum in NÖ

 

Wofür wir unser Land verbauen

Der Flächenfraß hat drei Hauptursachen: Die Zersiedelung, den Straßenbau und Großinfrastruktur in den letzten verbliebenen Naturräumen. Städte und Gemeinden werden immer mehr zersiedelt. Wohnen, Arbeit, Einkaufen wandert immer mehr an die Ortsränder oder auf die Grüne Wiese. In den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Einkaufszentren und Gewerbeparks von 113 auf 264 mehr als verdoppelt. Gleichzeitig sterben Ortskerne sterben aus.
Weil alles an die Ortsränder wandert, sind die Menschen vom Auto abhängig. Deswegen hat Österreich eines der dichtesten Straßennetze Europas. Es ist so lang, dass es drei Mal die Erde umspannen kann. Auch für Autobahnen und Schnellstraßen wird viel Grünland zugepflastert. Das heizt auch die Klimakrise an. Der Straßenverkehr verursacht viel klimaschädliches Treibhausgas.
Nur mehr sieben Prozent des Landes sind noch sehr naturnah und unverbaut. Und auch die sind nicht sicher vor Beton und Bagger. Denn sie werden mit immer mehr Wasserkraftwerken und immer mehr Skipisten verbaut. Dabei gibt es in Österreich bereits mehr als 5.200 Wasserkraftwerke. Und nur mehr 15 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt. Außerdem gibt es fast 24.000 Hektar Pisten und weit mehr als 400 Speicherteiche für Kunstschnee. Die besonders sensiblen Tiere und Pflanzen hoch in den Alpen leiden unter diesen massiven Eingriffen.

Boden schützen, Flächenfraß stoppen, Naturjuwele erhalten

Verbaute Zukunft? Massive Folgen für Tiere, Pflanzen und Menschen

Die Verbauung zeigt jetzt schon ihre Spuren. Fast jede dritte heimische Art gilt als gefährdet. 83 Prozent der bewerteten heimischen Tier- und Pflanzenarten sind in einem „mangelhaften“ oder „schlechten“ Zustand. So schlecht bewertet die EU-Umweltagentur den Zustand der Arten. Und nicht nur seltene raumbedürftige Arten wie der Luchs sind betroffen. Auch häufige Arten wie der Hamster leiden.
Werden Böden verbaut und zugleich versiegelt, gehen auch alle biologischen Funktionen verloren. Unsere Ernährung hängt genauso von gesunden Böden ab wie unser Zugang zu Trinkwasser, zu sauberer Luft, zur Abkühlung im Sommer sowie dem Schutz vor Hochwasser und anderen Naturkatastrophen. Zubetonierter Boden kann im Sommer zu Hitzeinseln führen. Und die können sogar tödlich sein! Der WWF fordert im Zuge eines 15-Punkte-Plans einen Bodenschutzvertrag von Bund und Ländern, um den Flächenfraß bis 2030 auf maximal einen Hektar pro Tag zu reduzieren. Besonders wichtig sind die komplette Ökologisierung der Raumordnung und des Steuersystems sowie eine große Naturschutz-Offensive.

 

Bauarbeiten im Tiroler Längental 2020

 

Natur statt Beton: 15 Punkte für echten Bodenschutz

Die Coronakrise muss ein Weckruf sein. Wenn die Politik nicht gegensteuert, wird der Flächenfraß nach der Pandemie erst recht explodieren. Der WWF fordert im Zuge eines 15-Punkte-Plans einen Bodenschutzvertrag von Bund und Ländern, um den Flächenfraß bis 2030 auf maximal einen Hektar pro Tag zu reduzieren. Dazu müssen sich die Bundesregierung, die Länder und die Gemeinden noch heuer zu einem Bodengipfel treffen. Es gilt zu schützen, was wir an unverbauter Natur noch haben. Zu sparen, wenn unbedingt gebaut werden muss. Und zu steuern, damit naturschädliches Verhalten nicht mehr belohnt wird. Besonders wichtig sind die komplette Ökologisierung der Raumordnung und des Steuersystems sowie eine große Naturschutz-Offensive.
Konkret müssen Schutzgebiete größer und besser vernetzt werden. Ein Biodiversitätsfonds für Artenschutz- und Entsiegelungsprojekte muss mit ausreichend Geld ausgestattet werden, also mindestens 1 Milliarde Euro. Es braucht strengere Umweltprüfungen für Bauprojekte und Flächenwidmungen. Und einen Klima- und Biodiversitätscheck für neue Gesetze. Außerdem braucht es ein bundesweites Naturschutzgesetz. Außerdem braucht es Maßnahmen zum Flächensparen, also zum Beispiel Förderungen für Sanierungen und Brachflächenrecycling. Die Wohnbauförderung soll nur mehr neue, moderne Gebäude im Orts unterstützen. Somit sollen auch Ortskerne wieder lebendig und grün werden. Und alle haben ein besseres Leben. Außerdem braucht es eine Reform von Raumplanungsgesetzen. Damit es keine Schlupflöcher mehr gibt.

 

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